I n t e r v i e w
Dingolfing. Seit mehr als einem Jahr ist der gebürtige Dingolfinger und Ehrenbürger der Stadt Dingolfing, Marco Sturm, Co-Trainer in der NHL bei den Los Angeles Kings. Im Gespräch mit dem „DA“ spricht er über die aktuelle Saison, Leon Draisaitl, wieso er sich über Plätzerl aus der Heimat freut und der guten Arbeit des EV Dingolfing.
„“Plaetzerl werden aus der Heimat geliefert“
Marco, Du bist jetzt mittlerweile seit mehr als einem Jahr Co-Trainer in Los Angeles. War es die richtige Entscheidung in die NHL zurückzukehren?
Marco Sturm: Eindeutig, ja. Es ist einfach ein anderes Level. Auch jetzt vor allem mit dem neuen Trainer Todd McLellan. Es schaut auch besser aus, als in der Vorsaison. Aber um noch einmal auf die Eingangsfrage zurückzukommen. Die NHL war schon immer ein Traum für mich. Als Spieler und als Trainer und deswegen freue ich mich, dass ich diese Chance erhalten habe.
Wie viel musstest Du lernen, denn die NHL ist auch auf der Trainerebene eine ganz andere Liga?
Marco Sturm: Es ist sehr intensiv, da man teilweise drei oder sogar vier Spiele in der Woche hat. Da sieht man innerhalb kürzester Zeit verschiedene Systeme der gegnerischen Mannschaften. Darauf muss die Mannschaft eingestellt werden. Es ist total und interessant. Natürlich lernt man bei 82 Saisonspielen unglaublich viel dazu. Obwohl ich international als Trainer mit der deutschen Nationalmannschaft tätig war, hätte ich nie so viel gelernt, wie jetzt in der NHL. Nicht umsonst ist sie die beste Eishockeyliga der Welt.
Welchen Anteil nimmt die Analyse der Spiele in der Arbeit ein, wenn fast alle drei Tage eine Begegnung auf dem Plan steht?
Marco Sturm: Das ist schon sehr viel Arbeit, aber genau das wollte ich ja. Vor allem, weil wir auf Wunsch des neuen Cheftrainers, einen Co-Trainer weniger im Verein haben. Vorbereitung und Analyse der Spiele gehört einfach zu den Aufgaben dazu, aber genau das bringt dich als Trainer weiter.

„Wir befinden uns im Umbruch.“
Ihr steht momentan auf dem letzten Platz der Western Conference. Doch der Abstand zu den vorderen Plätzen ist gering. Welche Ziele hat man in Los Angeles?
Marco Sturm: Wir befinden uns im Umbruch. Es wird noch ein wenig dauern bis wir wieder in die vorderen Bereiche der Tabelle kommen werden. Wichtig ist in unserer Situation, dass wir die Spieler besser machen und uns somit für die Zukunft besser positionieren. Es läuft von Spiel zu Spiel besser, aber leider belohnen wir uns noch zu selten für unseren hohen Aufwand. Wenn die Mannschaft weiter so gut mitzieht, werden die Ergebnisse über kutz oder lang auch stimmen. Da bin ich ganz optimistisch.
Ein paar Sätze zur momentanen Leistung von Leon Draisaitl, der auf dem ersten Platz der Scorerliste steht?
Marco Sturm: Ich werde in letzter Zeit oft nach Leon gefragt. Seine Entwicklung ist einfach überragend. Er kann jetzt ein Spiel dominieren und entschieden. Teilweise ist er auch besser als Connor McDavid (Anm. viele halten den Kanadier für den besten Spieler der Welt). Leon ist in den letzten Monaten ein kompletter Spieler geworden. Wir haben dreimal in dieser Saison gegen Edmonton gespielt und es war nicht einfach ihn zu verteidigen (lacht). Und weißt du, was das eigentlich Verrückte ist?
Erzähl es mir …
Marco Sturm: Seine Entwicklung ist noch lange nicht abgeschlossen. Er kann sich offensiv und vor allem defensiv noch weiter verbessern. Falls ihm das gelingt, kann er der beste Spieler der Welt werden.
Nun zum Privaten: Wie habt ihr euch in LA eingelebt?
Marco Sturm: Ich bin momentan alleine in Los Angeles. Meine Frau und Kinder leben in Florida. Dort haben die Kinder ihr geregeltes Leben, viele Freunde und eine gute Schule. Ich muss ehrlich sagen, dass wir sowieso nach Amerika zurückgekehrt wären. Es hat in Deutschland für meine Kinder einfach nicht funktioniert. In Florida werden meine Kinder auch so lange bleiben bis sie die Schule absolviert haben.
In ein paar Tagen ist Weihnachten. Wird im Hause Sturm Plätzerl gebacken?
Marco Sturm: Das ist ein bisschen schwierig, weil in Amerika oftmals die Zutaten dafür fehlen. Trotzdem haben erst vor ein paar Tagen mein Schwager und meine Schwester vorbeigeschaut und eine Ladung Plätzerl mitgebracht. Das gehört einfach zu Weihnachten dazu (lacht).
Feiert ihr traditionell Weihnachten wie in Deutschland?
Marco Sturm: In Amerika werden ja bekanntlich die Geschenke erst am 25. Dezember morgens unter den Christbaum gelegt. Wir machen das nicht und haben schon seit jeher die Bescherung am 24. Dezember am späten Nachmittag. Ein gemeinsames Familienessen gehört natürlich auch dazu.
Verfolgst du eigentlich was in der Marco-Sturm-Eishalle so vor sich geht? Der EV Dingolfing spielt vor teilweise mehr als 500 Zuschauern …
Marco Sturm: Das liegt mit Sicherheit am neuen Namen der Eishalle (lacht).
Das kann natürlich auch sein …
Marco Sturm: Nein, Spaß beiseite. Ich habe schon einiges gehört und freue mich, dass die aktuelle Vorstandschaft sehr gut arbeitet und auch die Jugendarbeit forciert. Was mich ebenfalls gefreut hat, dass die Nationalmannschaft begeistert war vom dreitägigen Trainingscamp in Dingolfing Anfang Januar. Das habe ich noch organsiert und die Spieler und Trainer waren begeistert von der Gastfreundschaft und auch dem ganzen drumherum.
Aktion bei Karstadt
In der Galeria Karstadt läuft momenten eine vorweihnachtliche Aktion für die Marco-Sturm-Stiftung. Im Kaufhaus sind zwei Christbäume platziert an denen verschiedene Sterne hängen, die man für einen Preis zwischen fünf und 30 Euro erwerben kann. Die Einnahmen aus der Aktion kommen der Marco-Sturm-Stiftung zugute, die sich für krebskranke Kinder einsetzt. Unter allen Teilnehmern wird ein persönliches Treffen mit Marco Sturm verlost. „Ich hoffe, dass auch Bürger aus meiner Heimatstadt, wenn sie gerade in Landshut sind, an dieser tollen Aktion teilnehmen. Die Kinder würden sich auf jeden Fall freuen“, so Marco Sturm.
Text: Andy Forster
Foto: Christine Daxl