B E W U S S T E R L E B E N

Text: Marina Liefke
Fotos: Lisa Hofmeister
Kaufst du noch oder pflanzt du schon?
Zu Besuch in Dingolfings Schrebergaerten
Immer wieder gibt es Aktionen, Projekte und Ideen zum Thema Umweltbewusstsein. Nahezu jede bekannte Persönlichkeit – sei es nun ein Promi, Blogger oder „Influencer“ – scheint einen gesunden und bewussten Lebensstil zu verfolgen – so wirkt es zumindest für die Öffentlichkeit. Tatsächlich muss der Schein aber oftmals nur für die Klicks gewahrt werden. In Zeiten von Abgas-Diskussionen und Volksbegehren sollte man sich aber vor allem den eigenen Spiegel vorhalten, denn man selbst, als Privatperson, kann mehr machen, als nur seinen Namen auf eine Unterschriftenliste zu setzen.

Beginnen kann man dabei schon im eigenen Alltag. Da geht es dann schon los mit dem Wocheneinkauf. Achte ich darauf, woher die Lebensmittel kommen, die ich im Supermarkt kaufe? Ist es sinnvoll, Erdbeeren im Winter zu kaufen, oder sollte man doch besser abwarten, bis diese auch in Deutschland wieder blühen? Erdbeeren zum Beispiel werden in den Wintermonaten hauptsächlich aus Ägypten, Marokko oder Israel in Plastikverpackungen nach Deutschland transportiert. Dass Erdbeeren schnell schlecht werden und schimmeln ist allgemein bekannt. Da stellt sich die Frage: Wie überleben die Erdbeeren den langen Transport? Die Antwort ist: durch Chemie. Bevor die süßen Früchte sich auf den Weg machen, werden sie mit bestimmten Mitteln gespritzt und „imprägniert“. Nicht genug, fordert der Erdbeeranbau in den genannten Ländern wie Marokko einen enormen Wasserverbrauch und die Arbeiter müssen mit Niedriglöhnen überleben. Kann man unter diesen Umständen seine Erdbeeren eigentlich noch guten Gewissens genießen?

Wieso also nicht einfach saisonal kaufen? Am besten schmecken die Erdbeeren doch immer noch im Gartenstuhl bei frühlingshaften Temperaturen und vielleicht sogar noch selbst vom Feld gepflückt. Aber selbst, wer saisonal kauft, kann noch in die Umweltfalle tappen. Sogenannte „Bio-Gurken“ oder Salat werden zum Beispiel im Supermarkt oftmals noch in Plastikfolie verkauft. Auch frische Beeren, Champignons oder Tomaten kommen in der Plastikbox daher. Abhilfe bieten hier die Wochenmärkte. Die Lebensmittel kommen aus der Region und man kann seine „Verpackung“ selbst mitnehmen – in Form von Stofftaschen oder wiederverwendbaren Frischhaltedosen – und trägt damit nicht nur zur Plastikmüllvermeidung bei, sondern unterstützt auch kleine regionale Unternehmen. Wer aber wirklich wissen will, woher seine Lebensmittel kommen und was diese so alles hinter sich haben, der kann sein Obst und Gemüse auch selbst anbauen und entscheiden, mit welchen Mitteln gedüngt, oder eben nicht gedüngt wird. Der Anbau im eigenen Garten nutzt außerdem der heimischen Tierwelt, die sich in grünen und bepflanzten Arealen deutlich wohler fühlt, als zwischen Betonbauten. Naturschutz und ein Stück Selbstversorgertum lassen sich so optimal vereinen. Doch was tun, wenn man selbst keinen Garten besitzt? Dass vor diesem Problem nicht wenige Menschen stehen, zeigt alleine schon die hohe Nachfrage nach Schrebergärten in Dingolfing.

Insgesamt drei Kleingartenvereine gibt es im Dingolfinger Stadtgebiet: den Kleingartenverein am Auenweg, den Kleingartenverein am Isardamm und den Schrebergartenverein am Freizeitpark. Bei keinem der drei gibt es freie Parzellen zu vermieten, stattdessen aber Wartelisten mit potentiellen Nachmietern. Frei wird eine Gartenparzelle meist nur bei Umzug, Tod oder, in seltenen Fällen, bei freiwilliger Abgabe. Der größte Schrebergartenverein in Dingolfing ist mit 18.000 Quadratmetern Gartenfläche der am Freizeitpark. Mit Parkanlage umfasst die ganze Anlage rund 32.000 Quadratmeter. Die 69 Gartenparzellen sind durchschnittlich je 300 Quadratmeter groß. Der älteste Kleingartenverein ist dagegen jener am Auenweg, der bereits 1854 gegründet wurde. Die beiden Kleingartenanlagen am Freizeitpark und Auenweg bekommen ihr Wasser durch Brunnen aus dem Grundwasser. Den Strom beziehen sie unterschiedlich: Der Verein am Freizeitpark bezieht den Strom über eigens installierte Solarplatten auf den Dächern, der Verein am Auenweg ist an das allgemeine Stromnetz angebunden.

In den Kleingartenvereinen müssen aber auch einige Vorschriften beachtet werden. Jeder Verein hat eine eigene Gartenordnung mit unterschiedlichen Regeln. In den Kleingartenvereinen am Freizeitpark und am Auenweg müssen zum Beispiel 50 Prozent jeder Parzelle mit Obst oder Gemüse bepflanzt werden, der Rest steht dem Mieter zur freien Verfügung. In diesen Ordnungen sind zum Beispiel auch die Haltung von Haustieren, Verordnungen zur Lärmvermeidung und Art und Umfang der Gemeinschaftsdienste, wie zum Beispiel die Pflege der Toiletten und der gemeinschaftlichen Wege geregelt. Abgesehen von den Gartenordnungen haben die Mitglieder der Kleingartenvereine aber freie Hand in der Gestaltung ihrer Parzellen.
Unter den Gartlern ist das Selbstversorgertum sehr verbreitet und vor allem Vegetariern fällt es dann leicht, sich komplett von Obst und Gemüse aus dem eigenen Garten zu ernähren. Doch selbst für Gartler ist die Saison im Winter zu Ende. Wenn die Vorräte aufgebraucht sind oder die Ernte schlecht ausfällt, muss zugekauft werden. „Man kauft bewusster ein, wenn man sonst selbst anbaut“, sagt einer der Gartler. Und genau das ist es doch, was alle – auch Menschen, die keinen Garten besitzen – der Umwelt und dem eigenen Gewissen zuliebe tun können.